Commoning

Commoning bedeutet: Menschen organisieren ihr Leben gemeinsam. Sie teilen, was sie haben, sie entscheiden zusammen, und sie tun das freiwillig. Es geht nicht um Besitz, Tausch oder Profit, sondern darum, dass alle das bekommen, was sie brauchen – und dass sie das gemeinsam gestalten. Commoning ist somit ein wertvolles Puzzlestück für eine Solarpunk-Wirtschaft.

Im Kapitalismus erleben wir derzeit das Gegenteil dieser Vision: Alles ist Eigentum. Wer etwas braucht, muss bezahlen. Menschen stehen in Konkurrenz, Firmen müssen Gewinne machen, und wer kein Geld hat, wird ausgeschlossen. Das erzeugt Angst, Stress und Zerstörung – für Menschen wie für Natur.

Beim Commoning gilt eine andere Logik: Niemand wird ausgeschlossen. Es gibt keine Chef*innen, kein „Mein“ und „Dein“. Dinge, Wissen und Räume gehören allen, die sie gemeinsam nutzen. Entscheidungen werden so getroffen, dass Bedürfnisse und Möglichkeiten zusammenpassen. Das ist keine Utopie am fernen Horizont – es passiert schon jetzt. Projekte wie solidarische Landwirtschaften, offene Werkstätten oder freie Software funktionieren genau so.

Tragödie der Allmende?

Die meisten Menschen denken, gemeinschaftliches Wirtschaften funktioniert nicht, weil einzelne dies immer ausnutzen werden. Aber die Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom hat anhand von vielen weltweiten Beispielen gezeigt, dass die gemeinschaftliche Nutzung von Ressourcen sehr wohl funktioniert – wenn klare soziale Regeln gelten. Sie untersuchte weltweit Beispiele, in denen Menschen Wasser, Wälder oder Weideland gemeinsam verwalten, ohne dass alles zerbricht oder jemand leer ausgeht. Ihre Forschung widerspricht der alten Behauptung, Gemeingüter würden zwangsläufig zerstört („Tragödie der Allmende“).

Ihre Prinzipien lassen sich auch auf modernes Commoning übertragen: Gruppen brauchen klare Absprachen, wer mitmacht und wie Entscheidungen fallen. Die Regeln sollten gemeinsam entwickelt und flexibel anpassbar sein. Es muss Transparenz geben, also Wissen über den Zustand der gemeinsamen Güter. Konflikte sollen direkt und fair gelöst werden, bevor sie eskalieren. Und alles funktioniert besser, wenn Gruppen vernetzt sind – kleine Commons (also das, was bewirtschaftet wird), die in größere Gemeinschaften eingebettet sind.

Ostroms Erkenntnisse waren revolutionär, weil sie zeigten: Menschen können Verantwortung übernehmen, wenn sie ernst genommen werden. Commoning baut genau darauf auf – auf Vertrauen, Aushandlung und Mitgestaltung statt Kontrolle von oben. So entsteht eine Kultur der Kooperation, in der Ressourcen nicht ausgebeutet, sondern gepflegt werden. Das macht Commoning nicht nur zu einer sozialen Idee, sondern zu einem praktischen Werkzeug, um eine gerechte und nachhaltige Zukunft aufzubauen.

Diese neuen Formen nennt manche Leute auch Keimformen: Sie sind kleine Ansätze einer neuen Gesellschaft, die mitten im Alten wachsen. Eine Keimform trägt bereits eine andere Logik in sich – so wie eine Pflanze im Samen schon alles enthält, was später daraus wird.

Wenn Commons sich in Zukunft ausbreiten, verbinden und gegenseitig stärken, verändert sich allmählich die Gesellschaftsstruktur. Immer mehr Lebensbereiche können dann nach den Prinzipien des Commoning statt denen des Markts folgen. Der Kapitalismus verliert seine zentrale Rolle, und die neue Logik – das gemeinsame Sorgen, Teilen und Entscheiden – wird zur Grundlage der Gesellschaft.

Man könnte sagen: Commoning „hebt“ den Kapitalismus auf. Es beendet, was zerstörerisch ist, bewahrt, was nützlich ist, und bringt neue Formen des Zusammenlebens hervor. Eine Gesellschaft, die auf Commons basiert, würde sich an Bedürfnissen orientieren statt an Profiten. Arbeit wäre kein fremdbestimmtes Mühsal, sondern Teil eines gemeinsamen, sinnvollen Lebens.

All das passt wunderbar zur Solarpunk-Vision: Menschen gestalten ihre Welt gemeinsam, mit Technologie, die hilft statt ausbeutet, und mit Beziehungen, die auf Vertrauen statt Konkurrenz beruhen. Commoning ist also nicht nur eine Alternative zum Kapitalismus – es ist eine Übung in Zukunft.


Zum Weiterlesen:

https://www.rosalux.de/publikation/id/40855/kapitalismus-aufheben/

https://commons-institut.org/

https://bewegungsakademie1.mmm.page/commons

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